Öffnung ist vom Tisch

Stefan Strebel der höchste Schwinger der Schweiz, möchte wegen der Corona-Krise den Schwingsport verändern!

 

Die stufenweise Öffnung ist vom Tisch – Nachgefragt bei Stefan Strebel

Text: feldwaldwiesenblogger

Das von Stefan Strebel (TK-Chef des Eidgenössischen Schwingerverbandes) erarbeitete Stufenkonzept einer teilweisen Öffnung des Schwingsports kommt nun nicht zum Tragen. Das Schwingen bleibt ein Breitensport und behält seinen Amateurstatus. Das Credo «Entweder dürfen alle oder niemand» setzte sich durch. Viel konnte man in den letzten Tagen darüber lesen. Von Knatsch um den Profi-Status, Zoff in der Schwinger-Familie, einer drohenden Zweiklassengesellschaft und dass das für die Zukunft des Schwingsports sehr schädlich gewesen wäre. Wie der «Blick» schreibt, haben Strebels Kollegen vom ESV-Zentralvorstand das Vorhaben ultimativ «getötet». Das klingt eindeutig nach Übertreibung.

Es entstand der Eindruck, dass man den TK-Chef erst gewähren liess. Er durfte mit Swiss Olympic und dem Bundesamt für Sport (BASPO) verhandeln. Vorgesehen war, dass 296 Schwingern (Eidgenossen, Berg- und Teilverbandskranzer und Ü23-Schwinger) sowie 300 jungen Aktiven (16- bis 18-jährig) den Spitzensportler-Status verliehen worden wäre. Das BASPO wollte in einem ersten Öffnungsschritt aber maximal 120 Schwingern die Erlaubnis für Trainings und Wettkämpfe erteilen. Strebel wäre mit dem einverstanden gewesen. Aber nun unterband der Zentralvorstand das ganze Unterfangen. Der ESV veröffentlichte dazu eine Stellungnahme, in dieser steht unter anderem: «Nach intensiven und sehr konstruktiven Gesprächen mit dem BASPO und Swiss Olympic konnten wir leider keine definitive Lösung ausarbeiten, welche sowohl den Vorgaben vom Bund wie auch den Grundsätzen vom Eidgenössischen Schwingerverband entsprochen haben.»

Es scheint, dass die Verbandsoberen sich der Grundsätze des ESV bewusstwurden. Oder anders formuliert: Die Basis meldete massive Bedenken und den Traditionalisten war das Ganze einfach zu viel. Eine grosse Diskussion entbrannte. Man versuchte auszuloten, wie weit man mit so einem «Notfallplan» wegen der Corona-Pandemie gehen kann. Die Geschichte kam an die Öffentlichkeit und ein Sturm der Entrüstung ging durch die Schwingerwelt. Die Teilverbände waren mehrheitlich gegen das Stufenkonzept. Der ESV-Zentralvorstand (ZV) zog darum die Notbremse, die stufenweise Öffnung ist vom Tisch. Zeit nun, bei Stefan Strebel nachzufragen und ihm die Möglichkeit zu geben, zu gewissen offenen Fragen Stellung zu nehmen. Auch den Puls zu fühlen, ob die dargestellte Dramatik wirklich so gross war.


Stefan Strebel betont: Der Schwingsport distanziert sich ganz klar vom Profisport
Bild: esv.ch

Wie gross ist die Enttäuschung über das unterbundene Stufenkonzept?
«Eigentlich gar nicht. Ich bin nicht enttäuscht und mir geht es gut. Schlussendlich haben wir das im Zentralvorstand gemeinsam so entschieden: Entweder alle oder niemand. Ich versuchte alles auszureizen, damit wir hätten schwingen können. Ich wäre enttäuscht, wenn ich das Konzept nicht geschrieben hätte.»

Gab es deswegen tatsächlich «Knatsch» mit den Zentralvorstands-Kollegen?
«Nein. Wir haben die Thematik intensiv ausdiskutiert. Bei Entscheidungen wird das Kollegialitätsprinzip eingehalten, auch von mir. Wir haben es sehr gut miteinander. Wir haben keinen Knatsch, überhaupt nicht, in keiner Form.»

Wie gross war die Dramatik rund um diese Geschichte?
«Es gab auf beiden Seiten Emotionen. Die Kommunikation lief über den Zentralvorstand, die technische Kommission und über den Aktivenrat. Es war tatsächlich ein brennendes Thema und hätte vorübergehend zu einer Zweiklassengesellschaft geführt. Der Plan war, stufenweise zu öffnen, bis irgendwann alle wieder hätten schwingen können.»

Was sah dieses Stufenkonzept eigentlich vor?
«Das Stufenkonzept sah ursprünglich vor, dass 296 Aktive (alle Eidgenossen, Berg- und Teilverbandskranzer sowie die U23-Schwinger) und 300 U16-, U17- und U18-Schwinger hätten beginnen können. Es liefen dazu verschiedene Sitzungen in den Teilverbänden. Das BASPO teilte uns schliesslich mit, dass höchstens 80 bis maximal 120 Schwinger einsteigen dürften. Am Dienstagabend letzter Woche hatten wir eine ZV-Sitzung und wir erörterten das Ganze nochmals. Wir spürten zudem von der Basis, dass diese für keine stufenweise Öffnung war. Sie gaben uns zu verstehen: «Entweder alle oder niemand». Dies führte schliesslich dazu, dass wir uns am Mittwochnachmittag gegen das Stufenkonzept entschieden. Ich bin nun beruhigt und kann mit diesem Entscheid sehr gut leben.»


Die Schwinger wie Pirmin Reichmuth (oben) und Nick Alpiger müssen sich bis zur Rückkehr ins Sägemehl noch etwas gedulden
Bild: pirminreichmuth.ch

 

Wer hat dieses Stufenkonzept erarbeitet?
«Das waren Matthias Glarner, Rolf Gasser und ich. Ich habe das Ganze geleitet.»

War anfänglich eine Zustimmung zum Stufenkonzept vorhanden?
«Der Zentralvorstand hat uns dazu das Okay erteilt. Wir sahen mit der stufenweisen Öffnung eine letzte Möglichkeit, dass sobald wie möglich wieder hätte geschwungen werden können. Wir besprachen das Konzept mit dem BASPO und Swiss Olympic. Denn: Alle Sportarten versuchen nun den Einstieg mit einer stufenweisen Öffnung. Wir wurden deswegen immer wieder mit anderen Sportarten verglichen. Es gab viele Gespräche, welche Matthias Glarner mit den verschiedenen Kommissionen führte. Dabei wurden die verschiedenen Konzepte abgeglichen. Die erwähnten Gespräche fanden bis letzten Mittwoch statt.»

Woran ist das Ganze schliesslich gescheitert?
«Gescheitert ist es einerseits an der Tatsache, dass der ESV aufgrund der Gespräche mit den Teilverbänden nun entschied: Entweder alle oder niemand kehrt ins Sägemehl zurück. Zu diesem Entscheid stehe ich voll und ganz. Weiter kam erschwerend hinzu, dass vorerst nur 80 bis maximal 120 Schwinger hätten beginnen dürfen.»

Wie weiter nun?
«Wir können momentan nur abwarten. Es gibt vorderhand keine Anzeichen, wann eine Öffnung für den Breitensport möglich ist. Ich will hier nochmals betonen: Ich bin nicht dafür, dass das Schwingen zum Profisport wird. Das wurde in einigen Medien völlig falsch dargestellt. Für mich ist der Schwingsport Breiten- und zugleich Spitzensport. Der Schwingsport distanziert sich ganz klar vom Profisport. Ich finde die nun getroffene Entscheidung absolut richtig: Entweder schwingen alle oder niemand.»

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